WellenFeld H 104

TU Hauptgebäude | Straße des 17. Juni 135 | Berlin

Der Hör- und Veranstaltungssaal WellenFeld H 104 der TU Berlin verfügt über das derzeit größte System zur Wellenfeldsysnthese (WFS). Um den gesamten Saal mit einem Fassungsvermögen von rund 640 Plätzen zieht sich auf Kopfhöhe ein Band von über 2000 Lautsprechern im Abstand von 10cm. Diese werden von einem Computer-Cluster mit 832 Audio-Kanälen angesteuert.

In der Wellenfeldsynthese werden nicht, wie bei einer überschaubaren Anzahl von Lautsprechern üblich, einfach Klänge abgestrahlt, sondern es wird das Feld der Schallwellen berechnet und generiert, das Klangquellen an bestimmten (oder sich bewegenden) Positionen im Raum ausprägen. Damit können akustische Situationen gestaltet werden, deren Klangeindruck von dem durch Größe und akustische Eigenschaften des realen Raumes bestimmten Erfahrungswissen abweichen.

Die verblüffendste Eigenschaft der Wellenfeldsynthese ist, dass Klänge als virtuelle Schallquellen an diskreten Positionen mitten im Raum erscheinen können, ohne dass ihre Position mit physikalisch sichtbaren Objekten wie Lautsprechern oder Instrumenten in Verbindung stehen. Mit dem WFS-System im WellenFeld H 104 lassen sich derzeit bis 42 virtuelle Schallquellen definieren und innerhalb wie außerhalb des Realraumes positionieren oder bewegen.


Inventionen-Konzert 27. Juli 2010
im WellenFeld H 104 der TU Berlin

Technik: Florian Goltz & Wilm Thoben


Andre Bartetzki: Z0
für Klang- und Wellenfeldsynthese (2010)   Uraufführung

Konrad Zuse, dessen 1941 gebaute Z3 heute allgemein als erster funktionsfähiger frei programmier­barer Computers angesehen wird, und der mit „Plankalkül“ die erste höhere Programmiersprache entworfen hat, war weitaus mehr als nur ein kreativer Ingenieur und Unternehmer. Neben seinen künstlerischen Beschäftigungen trieben ihn auch kosmologische Fragestellungen um. Schon früh entwickelte er den Gedanken vom Kosmos als digitaler Rechenmaschine, den er schließlich im 1969 in Buchform als Rechnender Raum zu Papier brachte. Ausgehend von der Automatentheorie ent­wirft er darin eine radikal digitalisierte Physik, die wesentlich weiter als die Quantenphysik gehend selbst Raum, Zeit und Bewegung einer Rasterung unterwirft - aus Teilchen werden Schaltzustände, aus Formeln werden Schaltungen, aus Bewegungen werden Algorithmen. Zuse benutzt dabei ein Modell, das heute als „zellulärer Automat“ bekannt ist, und das von den meisten wohl eher mit den Namen John von Neumann, Stephen Wolfram oder John Horton Conway – bekannt vor allem durch sein Game of Life – verbunden wird.
Andre Bartetzki

Andre Bartetzki, geboren 1962 in Berlin, studierte Tonmeister an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" Berlin. Noch während des Studiums begann er dort mit der Einrichtung eines Studios für elektroakustische Musik (STEAM), das er bis 2002 leitete. 1999-2004 lehrte er am elektronischen Studio (SeaM) der Weimarer Musikhochschule und an der Bauhaus-Universität Weimar. Seit 2009 leitet er gemeinsam mit Volker Straebel das Elektronische Studio der TU Berlin am Fachgebiet Audiokommunikation. Neben seiner Lehrtätigkeit arbeitet er als Programmierer, Sounddesigner und Toningenieur mit Klangkünstlern sowie Musikern und Komponisten im Bereich der Neuen Musik zusammen.
Seine eigenen musikalischen und künstlerischen Projekte umfassen Klang- und Videoinstallationen, u.a. für das museum der dinge Berlin, für die singuhr hœrgalerie Berlin und wiederholt für das Randspiele-Festival in Zepernick, Tonbandmusik sowie live-elektronische Musik. Seine Musik wurde auf internationalen Festivals für Neue und Computermusik gespielt.


Yutaka Makino: systema
für Wellenfeldsynthese und Lautsprecher (2010)   Uraufführung

I don't make program notes in general. I would like to leave it blank as usual.

Yutaka Makino, born 1976 in Japan, is an artist and researcher currently based in Berlin. His works deal with human perception and dynamic systems for spatiotemporal constructions of abstract environments with ephemeral entities. His research operates among art, science, architecture and philosophy, involving researches in sound/form synthesis, spatial perception, acoustics, complex dynamical systems and new materiality.

He presented his works internationally such as Sonic Acts XIII: The Poetics of Space (The Netherlands), The International Gaudeamus Music Week (The Netherlands), MisukTriennale Köln (Germany) and Japan Society (USA). He has had extended residencies in the MacDowell Colony (USA), STEIM (The Netherlands), Visby International Center for Composers (Sweden) and Technical University Berlin (Germany).

He has been received prizes and grants from Prix Ton Bruynèl (The Netherlands), DAAD Berliner Künstlerprogramm (Germany), Agency of Cultural Affairs (Japan), Pola Art Foundation (Japan) among others and commissions from Foundation Ton Bruynèl (The Netherlands), STRP Festival (The Netherlands), STEIM (The Netherlands) and DAAD Berliner Künstlerprogramm (Germany).

In 2009, he founded an independent computer music label, Strukto.


boris d hegenbart-matsui: ebenen-20000
für Wellenfeldsynthese (2010)   Uraufführung, Auftragswerk des TU Studios

ebenen-20000 ist eine medienspezifische Komposition, die sich mit Eigenarten des WFS-Systems künstlerisch auseinandersetzt: Technische Eigenschaften werden formgebend.

In Kopfhöhe der Zuhörer schieben sich Klangflächen extrem langsam wie auf einem Fließband in den Hörsaal und wieder hinaus.

Diese Klangebenen sind verschieden beschaffen in ihrer Struktur, Größe und Dichte. Stoppt eine Ebene, kann es zu Schichtungen und Überlappungen kommen. So entstehen immer wieder neue Verbundklänge, bei denen die Durchlässigkeit der einzelnen Ebenen darüber entscheidet, wie viel von den verdeckten Ebenen hörbar bleibt. Beginnt eine Ebene, sich durch den Raum zu schieben, werden die darunter liegenden Klangflächen wieder freigelegt.

Durch die verschiedenen Sitzpositionen wird jeder Einzelne eine andere Version von ebenen-20000 hören.

Die Parameter Lautstärke, Struktur und Dichte der Einzelereignisse sind für jede der Klangflächen fixiert. Alleine die maschinenhaften Bewegungen der Klangblöcke im Raum, ihre wechselnden Konstellationen und Überlagerungen erzeugen eine Veränderung der Wahrnehmung von Lautstärke und Klangdichte - und werden somit zum Material einer architektonischen Komposition.

boris d hegenbart ist Komponist und Performer elektroakustischer Musik und Klangkunst. Er lebt und arbeitet in Berlin.


Simon Emmerson: Memory Machine
Concert installation, multi-channel electroacoustic sound (2009-2010)   Uraufführung
ca. 12:00 repeated with variations

Memory Machine is a “concert installation” piece. It is a variable work which will rarely be heard exactly the same twice. But it has a basic form that remains the same – a beginning, a series of evolving episodes and an end, and can be performed in concert or run in a continuous loop as an installation.

Memory Machine is in part inspired by mediaeval and renaissance ideas of mapping places, images and other objects of memory onto an imaginary stage in the mind – most especially as examined in Frances Yates’s book The Art of Memory (1966). In some of these “memory theatres” (in the early 17th century writings of Robert Fludd, for example) there are five doors which act as “loci” for the placing of memories. I have used this as a starting point for the spatialisation of the sound in this work.

There are layers of memory, crossfades, unlikely combinations, distortions of time, interruptions. There are memories of soundscapes I have recorded over the past 35 years – a real aeolian harp being played in the wind, water sounds from streams and sea shore, the inside of a beehive. There are also memories of music which has some significance to me (it has some material in common with my fixed work Resonances (2007) – a Bourges Commission). Each time the piece is run new memories are added, old ones fade (and perhaps unexpectedly reappear). The work is designed to be perpetually evolving, just as memory does.

Memory Machine was composed for the Inventionen Festival Berlin 2010, substantially during my period as Edgard Varèse Visiting Professor at TU (2009-2010), commissioned by the DAAD Berliner Künstlerprogramm.

Simon Emmerson is Professor of Music, Technology and Innovation at De Montfort University, Leicester. He works mostly with live electronics including works for Jane Chapman (harpsichord), the Smith Quartet, Philip Sheppard (electric cello), Philip Mead (piano) with the Royal Northern College of Music Brass Quintet, Darragh Morgan (violin). Also purely electroacoustic commissions from the IMEB (Bourges) and the GRM (Paris).  His works have been issued on Continuum, Le Chant du Monde, Emanem and Isidorart and he has contributed to and edited The Language of Electroacoustic Music (Macmillan, 1986) and Music, Electronic Media and Culture (Ashgate, 2000). His book Living Electronic Music was published by Ashgate in 2007 as well as two solo CDs of live electronic works with Sargasso (2007 & 2008). He was founder Secretary of EMAS/Sonic Arts Network in 1979, served on the Board until 2004. In 2008 he was asked to join the Board of its successor organisation Sound and Music.


Elektronisches Studio der TU Berlin
Fachgebiet Audiokommunikation

Das Elektronische Studio der TU Berlin widmet sich der Produktion und Aufführung von elektroakustischer Musik und Klangkunst, ihrer Erforschung, Dokumentation und Vermittlung. 1953 gegründet, kooperiert das Studio in der Ausbildung von Tonmeistern und Komponisten mit der Universität der Künste (UdK) und mit dem Berliner Künstlerprogramm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Die Edgard-Varèse-Gastprofessur des DAAD bringt seit 2000 jedes Semester wechselnde internationale Experten für Computermusik und Medienkunst ans Studio.

Das Elektronische Studio der TU verfügt über einen Studioraum mit 12-kanaliger Wiedergabeanlage sowie einen weiteren Raum mit 8-kanaligem System und Wellenfeldsynthese. Es betreut außerdem den Saal WellenFeld H 104 im Hauptgebäude, der mit der weltweit größten Wellenfeldsynthese-Anlage ausgestattet ist. Das Studio betreibt die Internationale Dokumentation Elektroakustischer Musik und unterhält eine Tonträgersammlung (Audiothek), ein Archiv und eine Handbibliothek.

Andre Bartetzki und Volker Straebel, Leitung

Folkmar Hein, Studioleiter emeritus

Wilm Thoben & Florian Goltz, Tutoren