HörSaal von Bernhard Leitner

HörSaal ist eine ortsspezifische, ortsgebundene Ton-Raum-Arbeit. Das Instrumentarium dafür ist das im Vorlesungsraum H104 der TU Berlin eingebaute Wiedergabesystem mit 832 Audiokanälen (Wellenfeld-Synthese). In der Arbeit HörSaal wird diese Technologie für eine Komposition von dynamischen und statischen Ton-Räumen verwendet.

Im Gegensatz zu einer konzertartigen Benutzung des Raumes mit seinen streng ausgerichteten Sitzreihen ist HörSaal als frei begehbare Raum-Komposition mit dynamischen und statischen Ton-Räumen konzipiert.

In den dynamischen Teilen (Ton-Material: wehendes, verhalltes Rauschen) werden Klänge zwischen zehn abstrakten Orten, die innerhalb aber akustisch-virtuell auch außerhalb des sichtbaren Raumes programmiert und vermessen wurden, bewegt. Diese Bewegung wird mit einer anders ablaufenden Bewegung zwischen den abstrakten Orten überlagert. Beide werden wiederum mit einer dritten und vierten Ebene verschiedenartiger Bewegungsstrukturen im Raum überschichtet. Das komplexe Raumgewebe suggeriert ein freies Raum-Wehen, obwohl es eine exakte und keine aleatorische Gestalt darstellt.

Im statischen Hör-Raum (Ton-Material: Sprache) erwandert der/die Hörende zwölf Orte im Raum, die visuell-installativ durch 2m hohe, rot lackierte Stäbe ausgewiesen sind. Aus einem diffusen Sprach-Klang im gesamten Raum, der sich aus zwölf verschiedenen (Sprach-)Kanälen aufbaut , tritt man in genau vermessene Klang-Orte ein, um in diesen ganz individuellen Hör-Räumen die Klangwelt gesprochener Worte der Physiker Planck, Schrödinger, Einstein, Meitner, Hahn, Pauli und Heisenberg zu erleben.

(Länge der Ton-Raum-Komposition: 27 Minuten )


HörSaal (in German – a lecture hall, auditorium, a hearing hall) is a site-specific soundspace installation. The medium is the audio playback system with 832 channels installed in the lecture room H104 in the TU (Technische Universität) Berlin. The composition of dynamic and static sond spaces makes use of this technology (Wave Field Synthesis).

In contrast to a concert-type usage of the space with strictly arranged rows of seats (for a lecture), HörSaal is conceived as a freely accessible sound-space composition.

In the dynamic parts (sound material: aerially agitated, echoed rustling and soughing) sounds are moved between ten abstract sites. These sound-locations are programmed and mapped out not only within the visible space, but – in the acoustic and virtual dimension – outside it as well. This movement is overlaid by a movement with a different progression between the abstract locations. Both of these are yet again overlaid with a third and fourth level of varying movement structures in the space. The complex space texture suggests a drifting, aleatory wind-blown space, whereas it is an exact, controlled composition of form.

In the static hearing space (sound material: speech) the listener wanders through various places in the hall, which are indicated visually by the installation of staves, 2 m high and painted red. Out of a diffuse noise pervading the total space and assembled out of twelve different speech channels we step into precisely defined sound sites, extremely individual hearing spaces, where we experience the sound-world of words spoken by the physicists Planck, Schrödinger, Einstein, Meitner, Hahn, Pauli and Heisenberg.

(Length of the sound space composition: 27 minutes)


BERNHARD LEITNER

Studierte Architektur an der TU Wien, Diplomabschluß 1963. 1968 beginnt Leitner, mit dem Material Ton/Klang Räume zu gestalten. 1968 – 1976 theoretische und praktische Ton-Raum-Untersuchungen . Ab 1979 stellt Leitner seine Ton-Raum-Objekte und Ton–Raum-Skulpturen international aus. 1987 - 2005 Professor für medienübergreifende Kunst an der Universität für  angewandte Kunst in Wien.

Ausstellungen (Auswahl):

Weitere permanente Installationen (Auswahl):

2008 erscheint die Werkübersicht .P.U.L.S.E. Bei HATJE CANTZ, Ostfildern, herausgegeben vom ZKM | Karlsruhe


Dem Besucher von "HörSaal" wird empfohlen, auch den "Ton-Raum TU Berlin" von Bernhard Leitner zu besuchen.

Bernhard Leitner schreibt dazu:

TON-RAUM TU BERLIN
Since 1984. © Atelier Leitner. Photos: Photostudio TU Berlin

Der im Frühjahr 1984 fertiggestellte TON-RAUM TU BERLIN ist das preisgekrönte Projekt eines internationalen Kunst-am-Bau-Wettbewerbes.

Die kubische, statische Metallarchitektur, in deren Wände und Decke 24 Breitband- und 18 Hochfrequenz-Lautsprecher eingebaut sind, ist die Tragkonstruktion für dynamische, klangplastische Räume.

Die perforierten Metallflächen sind eine Art akustisch-transparente Haut. Einerseits wird durch das dahinter angebrachte Dämm-Material die Nachhallzeit stark reduziert. Die inselartig veränderte Akustik will die Aufmerksamkeit zum Hören betonen. Andererseits werden aus den Lautsprechern, die für das Auge nicht ortbar allseitig verteilt sind, die Töne in den Raum projeziert.

Die Architektur wird zum Instrument, um immaterielle Zeit-Räume zu gestalten. Klang ist dabei das skulpturale, bildnerische Material. Klang ist das Bau-Material für Raum-Gebilde wie Verschlingungen, Weiche  Wände, Rhythmus-Raum, Gekneteter Raum, Prickelnder Raum, Verspannungen,

Zeit-Gewölbe, Atmender Raum, Zuckender Raum, Wogender Raum, Wasserkubus, Verwehter Raum.

Zu vorgegebenen Tageszeiten werden aus dem gespeicherten Programm-Menü Ton-Räume abgerufen, um diesen Ort immer wieder neu zu verlebendigen.

Der TON-RAUM ist im Treppenhaus des Hauptgebäudes der Technischen Universität Berlin installiert