akusmatisches Konzert 2

Freitag, 8. July

21 Uhr


Denis Smalley

geboren 1946 in Neuseeland, studierte Musik an der Universität von Canterbury und der Victoria University of Wellington, ehe er nach Paris ging, um dort bei Olivier Messian und der GRM zu studieren. Anschließend zog er nach England und promovierte in Komposition an der Universität von York. Bis 1994 war Smalley Senior Lecturer in Musik und Direktor des Studios für elektroakustische Musik an der Universität von East Anglia. Er unterrichtet und ist Leiter des Music Departments an der City University London. Mehr als 30 Jahre lang komponierte Smalley elektroakustische Musik, deren Wertschätzung sich nicht zuletzt in einer Anzahl internationaler Preise ausdrückt (u.a. Prix Ars Electronica 1988). Er lieferte auch theoretische Beiträge zur elektroakustischen Musik; zu nennen ist hier insbesondere seine Forschung zur Wahrnehmung elektroakustischer Musik und seine Entwicklung des Begriffs „spectromorphology”, worunter die Gestaltung von Klangspektren im zeitlichen Verlauf verstanden wird.

 His music first appeared on CD in the Wergo Computer Music Currents series – both Wind Chimes and Clarinet Threads were included. Three CDs of his music are available: Valley Flow, Piano Nets, Clarinet Threads, Wind Chimes, and Darkness After Time's Colours on the Empreintes Digitales label (Canada); Névé on Effects Input (Groupe de Musique Expérimentale de Marseille); and Base Metals, Empty Vessels,,Tides and Pentes on Empreintes Digitales.

Resounding

2004, 14:00 Minuten

Ringing Down the Sun

2002, 15 Minuten

Resounding ist das dritte Stück einer Triologie (Base Metals, Ringing Down the Sun, Resounding), dem Metallklänge zugrunde liegen. Der Titel bezieht sich auf das Läuten von resonanten Klängen, auf das Füllen des Raums mit Klang und auf das Konzept des Wiederklingens – hörbar etwa in den zyklischen Rhythmen der Resonanzen, wie sie sich ausdehnen und ersterben, oder wie sie durch den „orchestrierten“ Hörraum geschickt werden. Räumlich herrschen zwei Ideen vor: Resonanz, die sich anhört wie aus dem Innern von Objekten verschiedener Größe, und die Außenresonanz von Räumen, wie man sie zum Beispiel in einer großen Kathedrale erleben kann. Die Idee des Wiederklingens bestimmt auch den formalen Fortgang des Stücks, in dem es vor allem um die Wiederkehr von Materialien in veränderten Umgebungen geht. Außerdem werden Klänge, die schon vorher in Ringing Down the Sun und in Base Metals anzutreffen waren, wieder aufgegriffen und zu neuem Leben erweckt.

Dank an Derek Shiel, dessen Klangskulpturen einen nie versiegenden Reichtum resonanter Klänge lieferten. Resounding entstand als Auftragswerk von Sonorities für das Festival 2004 in Belfast zur Feier der Eröffnung des Sonic Arts Research Center (SARC). Die Staatliche Lotterie unterstützte den Auftrag über den Arts Council of Northern Ireland. Ringing Down the Sun entstand im Auftrag des Dänischen Instituts für Elektroakustische Musik (DIEM) und wurde 2002 in Aarhus uraufgeführt.

Während der Arbeit an der Komposition im DIEM begegnete mir die dänische Tradition des Den-Tag-Abläutens, des Läutens der Kirchenglocken, das den Abschluss des Arbeitstages und den Untergang der Sonne durch die Dämmerung zur Nacht anzeigt. Selbst jetzt, wo es im realen Tagesablauf keine wirkliche Funktion mehr erfüllt und also gewissermaßen „abstrakter“ geworden ist, bleibt doch das Läutsignal, samt allem was es darstellt, ein Teil der dänischen Kultur.

Auf einer metaphorischen Ebene schien diese Idee gut zu meiner Haltung gegenüber den Klängen, Konturen und Räumen zu passen, in die ich damals eingetaucht war; in der Folge wurden Ausrichtung und Anspruch meiner Komposition dadurch gelenkt.

Es gibt eine Reihe von läutenden, resonanten Klängen, und obwohl sie von eindrücklichen Anschlägen ausgehen, ziehen sie uns ins Innen, in eine Haltung der Kontemplation. Es gibt kreisende, pulsierende Girlanden, die umherziehen und Energie ausstrahlen. Sinkende Konturen überwiegen, Verwehen, Fließen, Fallen, manchmal Abstiege in düstere Tönungen. Aber die Sonne muss auch eingeläutet werden, und so wird die Form des Stücks vom Fortgang wellenartiger, zyklischer Konturen bestimmt. Schließlich gibt es noch die räumliche Dimension selbst, deren Ausgestaltung den Außenraum – Himmel, Landschaft, sogar Küste – ebenso beschwört wie das eher innerliche, umfassende Gefühl, das sich im Innern von Resonanzen verkörpert.


Régis Renouard Larivière

1959 in Paris geboren. Er schloß seine Studien in elektroakustischer Komposition bei Philippe Mion und Jacque Lejeune 1984 ab und gründete 1986 sein eigenes Kompositions-Studio. Er studierte musikalische Analyse bei Francis Bayer sowie – praktisch und theoretisch – hinduistische Musik (Nordindien) bei Shivu Taralagatti. Seit 1990 unterrichtet er elektroakustische Musik an verschiedenen Institutionen. Er war Mitglied der Assoziation Ars Sonora (1995-99). Darüber hinaus hat er verschiedentlich reflexive Artikel zum Konzept des „Traité des Objets Musicaux“ von Pierre Schaeffer publiziert und bei diversen Publikationen der GRM mitgearbeitet. Neben zahlreichen elektroakustischen Kompositionen hat Larivière auch für Tanz und Theater komponiert (u.a. Katapult von Nadine Rémy).

 Catalogue : Quand j’étais enfant... (1984), Sous le ciel (1986), Aux Enfants, (1987), Ouverture (1988), Le Rôdeur de Portes (1989), Les Soulèvements (1991), Bromios (1994), Futaie (1996), Tchernoziom (1998), Esquive (1999), Sanctuaires (2001), Allégeance volatile (2002).

 Prix au Concours National de Musique Expérimentale d’Orléans (1988) für Ouverture.
Prix Ars Electronica 96 (Linz, Autriche) für Futaie.

 Discographie : Ouverture, [CD Paysaginaire 9810]. Futaie, [CD ORF 96]. Bromios, [CD Acousmatica 1298]. Futaie, Tchernoziom, [CD Ina-GRM, 275 732].

  

Errance essorante                                                                   

2oo4; 2o Minuten

Das Stück eröffnet mit dem anhaltenden Trommeln eines starken trockenen und reichlichen Regens aus Zusammenstößen, Störungen, Artefakten. Dieser milchige Platzregen winziger Klangparzellen – zusammengeballt zu dichten Iterationen, so dass sie gelegentlich Frequenzen generieren – entwickelt sich zu Mündungen, Strömen, wo es sich „sur l’erre“ erschöpft (um mit den Worten der U.S.T. zu sprechen). Zerklüftungen durchziehen dieses wankende und fragmentierte Material.

Wie ein alter und berühmter Kritiker zur elektroakustischen Musik äußerte, superponiert [überlagert] diese Musik eher als dass sie komponiert [zusammenfügt]. Sie arbeitet eher mit Heterophonie als mit Polyphonie. Und das ist vielleicht die zentrale Frage, ihre Triebkraft: Was antwortet auf was? Und in welchem Raum?

Als ich vor einiger Zeit die geheimen Gesänge der tibetanischen Lamas der Universität in Gyoto hörte, war ich beeindruckt von den schönen trägen Interpunktionen ihrer Instrumente (Kupferhörner, Trommeln, Schrott), diliziös verschoben und gekonnt approximativ. Als wenn das Etablierte [Werk] nicht anders sein könnte als zittrig, und der Sehende nur sehend trunken. Ganz im Gegensatz zur quantisierten Kilometer-Langeweile des Techno.

Das „sich entwickeln“ verlangt in jedem Moment „das sich nicht entwickeln können“. Vielleicht wird man in der Musik an diesem Abend etwas dieser Eindrücke wieder finden: die fluide Unsicherheit, die fragilen Momente, die melodischen Verirrungen...

Andererseits ist diese Arbeit der Verdichtung – das Erscheinen komplexer Gruppierungen aus an und für sich simplen Elementen (ich erinnere an den zu Beginn des Textes erwähnten Regen) – eine wiederkehrende Manier meiner Stücke. Ich weigere mich, einem Klang (oder Motiv) für längere Zeit gegenüber anderen den Vorrang zu geben. Der, der sich individualisiert wird zur Begleitung, der, der begleitet richtet sich zu einem gegebenen Moment auf. Meine Musik und dieses Stück im Besonderen funktionieren wie Dispositive, die versuchen – auch wenn nur unterschwellig – eine Art „zweiten Gesang“ hörbar zu machen. Ich wünsche, dass sich quer durch das streifige Universum eine große Belüftung ereignet, in dessen Folge sich dieses lüftet.

Die Frage nach klanglichen Korrespondenzen findet sich auch in der Folge der beiden Sätze des Stückes wieder. Auf den langen Atemstillstand des Ersten antwortet – wenn das eine Antwort ist? – die langsame und glatte – mit Unreinheiten gespickte – Haltung des Zweiten.

Diese Schwade, in beruhigter Erscheinung, bläht sich langsam auf als wäre sie einer Magnetisierung unterzogen oder so wie der Geruch der Erde nach dem Regen aufsteigt bevor er verschwindet.