INVENTIONEN'82                                                                                              Dienstag, 30.3.1982
1. Konzert                                                                                                            20 Uhr
Lichthof der Technischen Universität


ROLAND PFRENGLE

Geb. 1945. Studierte Tonmeister und Komposition bei Heinz-Friedrich Hartig, Isang Yun und Frank Michael Beyer an der Hochschule für Musik in Berlin (West). DAAD-Stipendium 1974/75 für Holland. 1977/78 Villa Massimo in Rom. 1982 Förderungspreis Berlin. 1971-78 Mitglied der Gruppe Neue Musik Berlin. 1968 Gründung der Gruppe NO-SET. Sporadisch Vortrags- und Seminartätigkeit. Aufführungen und Konzertreisen in Europa und USA9 Intermediäre Arbeiten, hierbei Einfluss von Kybernetik und Musikpsychologie. Seit 1967 Beschäftigung mit Elektronischer Musik, seit 1979 speziell mit der Verknüpfung von mechanischen Instrumenten und Computer. Schrieb Kammermusik, Orchestermusik, Elektronische Musik und ein Musiktheaterstück für ein Opernhaus. Eigenes Experimentalstudio in Berlin (West).

FALLSTUDIE (1981)

Physisches Fallen und psychisches Sich-Fallen-Lassen bis zum extrem langsamen Fall, der zum Schweben wird, bilden die Grundidee des Stückes. Basierend auf der Zahl Drei, die sich aus der senkrechten Anordnung der akustischen Ebenen ergab, formt das Stück einen Fall, der aus vielen Einzelfällen besteht. Beginnend mit einem hohen Fallpotential wird der Vorgang immer wieder durch Schwebezustände unterbrochen. Im letzten Teil werden die Computerklänge direkt durch das Schlagzeug gesteuert. Das Stück ist speziell für den TU-Lichthof komponiert, mit Berücksichtigung vertikal organisierter Klänge.

MARTIN SCHULZ, Schlagzeug

Geb. 1955, lebt in Köln; studierte Schlagzeug bei Christoph Caskel an der Musikhochschule Rheinland. 1978-80 Assistent am Seminar für Neue Musik in Köln. Seit 1980 Lehrauftrag an der Universität in Köln. Preisträger des Interpretationswettbewerbs der deutschen Musikhochschulen. Studiert zur Zeit Komposition bei Mauricio Kagel an der Kölner Musikhochschule.


SUKHI KANG

In Seoul, Korea, geboren 1934. Studium an der Technischen Fachschule und der Musikhochschule der Nationaluniversität Seoul, an der Hochschule für Musik Hannover und Berlin, sowie an der Technischen Universität Berlin. Seit 1969 organisiert er Festivals für Neue Musik in Seoul. 1970 Kompositionsauftrag der EXPO'70 in Osaka. Er ist Gründer des jährlich stattfindenden "pan-Musikfestivals", Musikredakteur der Kulturzeitschrift "Space" und Vorsitzender der Koreanischen Sektion der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik ISCM. An der HfM der Nat. Univ. Seoul unterrichtete Kang Komposition, Instrumentation und Analyse der Neuen Musik. Seit 1980 Aufenthalt in Köln und Berlin. Auftragswerke-vom WDR (Bronzezeit), von den Berliner Festwochen (Mega-Melos) und der Flötenakademie Tokio (Man-Pa). 1980/81 Stipendiat des Berliner Künstlerprogramms des DAAD und seither künstlerischer Mitarbeiter des elektronischen Studios der TU Berlin . Zur Zeit arbeitet Sukhi Kang an dem Stück "Mutatio Perpetua"  für 24 Spieler und elektronische Klänge für die Weltmusiktage 1982 der ISCM in Graz.

KLANGSPUREN (1981)

Entstand im elektronischen Studio der Technischen Universität Berlin während der Arbeit an der Komposition "Mosaico" und ist die Fortführung sozusagen eines Teilaspektes von Mosaico. Während das Material in Mosaico kurz, rational und zeitlich exakt synchronisiert ist, erscheint es - nun nicht mehr als Fragment, sondern als kompositorische Idee - langgezogen und statisch, jedoch innerlich stark bewegt. Die Form ist eine Parabel: einer langen Steigerung folgt Kulmination und Ausklang; diese Form ist simpel. Die Klänge dagegen entstanden vielschichtig: das vierspurige Aufführband ist bereits eine Überlagerung von 192 unabhängigen Einzelstimmen, die zwar zufällig, jedoch nach einem gen au festgelegten Improvisationsschema verändert wurden. Während in "Mosaico" das Zusammensetzen (d.h. "Komponieren") darin bestand, verschiedenste Bausteine in der Zeit zu ordnen, ist "Klangspuren" eine Komposition mit nur einem Baustein, dessen Klang geschichtet und "gefärbt" wird.

MASKE (Video, 1982)

Das verschleiert geschlossene Gesicht der unbewegten Augen, wird durch die Bewegung der Hände zum archaischen Vorgang.

JACQUELINE ROUARD, Performer

Zusammen mit Jean Louis Barrault und Marcel Marceau Meisterschülerin bei Etienne Decroux. Wie Decroux dem wissenschaftlichen Experiment der Sprache des Körpers verpflichtet. Leiterin des International Institute of Mime, Inc., New York.

Y Sa Lo, Katalysator


TAKEHITO SHlMAZU

In Japan 1949 geboren. Absolvierte ein Musikstudium mit Hauptfach Komposition an der Tokyo-Gakugei-Universität. Nach seiner Abschlussprüfung studierte er weiter Komposition bei S. Sumitani und S. Kai sowie Dirigieren bei E. Ito. Seit Herbst 1977 ist er Schüler von Isang Yun an der Hochschule der Künste Berlin. Ab 1978 studierte und arbeitete er auch im elektronischen Studio der TU Berlin. Nach seiner Abschlussprüfung im Juni 1981 (mit sehr gut) kehrte er nach Japan zurück. Er beteiligte sich an vielen Festivals für Neue Musik und erhielt einige Preise, so 1979 von der J. Ponto-Stiftung, 1980 im Winiawski-Wettbewerb, 1981 im internationalen Kompositionswettbewerb der Stadt Mönchengladbach; für 1982 sind seine drei elektronischen Stücke "Wellenmusik 2", die im ,TU-Studio entstanden, für die Weltmusiktage der ISCM (International Society for Contemporary Music) in Graz ausgesucht worden.

REQUIEM (1981)

Die Form von Requiem ist angelehnt an eine topologische Entwicklung und nachfolgende Entfaltung wie sie ähnlich in der Katastrophentheorie erscheint. Ich nenne sie "Wellenform", weil eine Welle sich langsam aufbaut, wächst, sich fortbewegt und sich schließlich am Ufer bricht. Die acht unterschiedlichen Teile entspringen folgenden gleichen Ideen: allmähliche Verkürzung der Trompetennoten bei Wiederholung rhythmischer Modelle und Bewegung zwischen Gegensätzen, z.B. Regelmäßigkeit und Unregelmäßigkeit, Ruhe und Unruhe, Stabilität und Labilität.
Das Stück ist Herrn Tamiya gewidmet; es ist all den japanischen Freunden und Verwandten zum Gedenken komponiert, die in den fünf Jahren meiner Auslandsstudien gestorben sind. Das Tonband wurde im Studio der TU Berlin produziert.

KENJI TAMIYA, Trompete

1945 in Tokyo geboren. Studierte in Japan, Berlin und Paris u.a. bei Pierre Thibaud. Von 1972 bis 1981 gehörte er dem Orchester der Deutschen Oper Berlin an. Seit 1981 ist er Professor an der Tohogakuen Musik Akademie in Tokyo. Als Solist konzertierte er bisher in Deutschland, Frankreich, der Schweiz, Holland, den USA und Japan.


MARIO BERTONCINI

Komponist und Pianist. Geb. 1932 in Rom. Studium an der Universität und an der Musikhochschule und Akademie S. Cecilia, Rom; elektronische Musik an der C.E.M. in Utrecht, Holland. Seit 1968 Entwicklung neuer kompositorischer Prinzipien - eines musikalischen Konstruktivismus - mit Hilfe von selbstgebauten teils mechanischen, teils elektronischen Klangobjekten. 1973 Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD in Berlin. 1974-76 Professor für Komposition an der Mc Gill Universität in Montreal, Kanada. Kurse für experimentelle Musik und nachfolgende Gründung der Gruppe "Musical Design".

CHANSON POUR INSTRUMENTS A VENT (1974)

Verwendet das Prinzip äolischer Töne. Gespannte Seiten und Metallstäbe werden in "real time" von einem Spieler mit Pressluft in Schwingungen versetzt.


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